EIN KRIEGSMANN IM DIENST DER HANSE UND VENEDIGS
Geboren wurde Konrad Widerholt am 20. April 1598 in Ziegenhain in Hessen. Schon mit kaum 17 Jahren, im Jahr 1615, ging er als Reiter und Musketier in den Dienst der Hanse, 1617 wechselte er nach Venedig. Der württembergische Herzog Magnus, der jüngere Bruder des regierenden Herzogs Johann Friedrich, lernte ihn beim Militär kennen und holte nach Württemberg. Schnell stieg er auf, vom „Drillmeister“ zum Kapitän-Leutnant (1622) zum Kapitän-Major (1627). Nach der erfolgreichen Einnahme Schrambergs im Jahr 1633 und der Schlacht bei Nördlingen 1634 erreichte er den Gipfel seiner soldatischen Laufbahn: Er wurde zum Kommandanten der Festung Hohentwiel ernannt. Der Hohentwiel bei Singen sollte die einzige Festung Württembergs bleiben, die in diesen 30 Kriegsjahren nicht erobert werden konnte. Fünf Belagerungen hielten die Befestigungen des Berges stand.
TECHNISCHER PIONIER
Widerholt war mehr als nur Militär: Er ließ eine horizontale Windmühle auf dem Hohentwiel bauen – also ein Windkraftwerk, das von der Windrichtung unabhängig arbeitet. Kennengelernt hatte er diese Technik wohl in Venedig und wahrscheinlich war dies die erste Windturbine auf deutschem Boden. Außerdem ließ er als strenger Protestant eine Kirche auf dem Festungsplateau errichten. Zugleich war er ein als Militär effizient, erfolgreich und gefürchtet in ganz Oberschwaben. Im Krieg zahlten 90 Herrschaften Abgaben an den Hohentwiel-Kommandanten.
KRIEGSRAT UND OBERVOGT
Mit dem Westfälischen Frieden endete der Krieg 1648 – endlich, nach 30 Jahren. Widerholt erhielt vom Herzogtum Württemberg als Belohnung das Rittergut Neidlingen am nördlichen Rand der Alb als Lehen, außerdem den Titel Kriegsrat und das Amt des Obervogts in Kirchheim u.Teck. Hier starb er auch, vermögend und angesehen, am 13. Juni 1667, 19 Jahre nach dem Ende des grausamen Kriegs.
BAROCKES GEBURTSTAGSGEDICHT MIT 18 STROPHEN
Schon zu seinen Lebzeiten setzte die Verklärung des Militärs Widerholt ein, etwa in einem Geburtstagslied, verfasst von Andreas Bauknecht anlässlich des 45. Geburtstags von Widerholt 1643: „Conradus Wiederhole / der tewr und tapfer Held / Ist höher als das Golde / Zu schätzen und vil Gelltt / Von wegen seiner Thaaten / So er anstellt mit Fleiß / Die thun fast wol gerahten / Zu Gottes Lob und Preyß.“ Das Gedicht hat insgesamt 18 Strophen; die Anfangsbuchstaben der Strophen ergeben, typisch barock, den Namen Widerholts.
VEREHRUNG IM 19. JAHRHUNDERT
1843 schreibt Christian Gottlob Barth in seiner „Geschichte von Württemberg, neu erzählt für den Bürger und Landmann“: „Sein Tisch war immer offen für Kranke, Verwundete und Arme. Wenn er keinen Pfarrer hatte, so gieng der fromme Held selbst an den Betten der Kranken umher, um ihnen den Trost des göttlichen Wortes zu bringen, und las in der Kirche seinen Kriegern selbst eine Predigt vor. Mitten unter den Schrecken der Belagerung erbaute er auf der Burg eine neue Kirche. Dem Herzog Eberhard sandte er in seiner Geldnot durch einen als Bettler verkleideten Soldaten einen ausgehöhlten dicken Knotenstock, der mit Gold gefüllt war. Um seiner neuen Kirche eine Orgel zu verschaffen, überfiel und eroberte er die Stadt Überlingen am Bodensee. Man bietet ihm eine große Summe Geldes. Er will aber nichts als eine Orgel, und er bekommt sie. Die Überlinger werden mehr als Eine gehabt haben. Seine Kriegszucht war streng; er duldete bei seinen Kriegern keine Ausschweifung, keine Bedrückung des friedlichen Bürgers, kein Fluchen und Schwören.“
Service und Information
Aktuell ist die Festungsruine Hohentwiel wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg und wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.